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Die Leitung des Jobcenter Bremen kommt zum Gespräch zur Stadtteilgewerkschaft – ein Bericht

Am 30.09.2024 kamen die stellvertretende Geschäftsleitung des Jobcenter Bremen, der Leiter des Jobcenter Gröpelingen sowie die Leiterin der Leistungsabteilung des Jobcenter Bremen und ein Leiter eines Leistungsteams aus dem Jobcenter Gröpelingen zu einem Gespräch zur Stadtteilgewerkschaft.

Was davor geschehen ist?

Am 25. April hat die Stadtteilgewerkschaft vor dem Jobcenter in Gröpelingen protestiert und ihre Forderungen an die Geschäftsleitung übergeben (ein Bericht zur Kundgebung findet sich hier).

In über 1500 Beratungen, auf unseren Vollversammlungen, in vielen Gesprächen auf der Straße und im Austausch mit Beratungsstellen, Anwält*innen und anderen Akteuren in der Stadt haben wir die zentralen Probleme mit dem Jobcenter Bremen zusammen getragen

Im Zentrum stehen dabei extrem lange Bewilligungszeiten bis zu mehreren Monaten. Grund dafür sind u.a. Unterlagen, die immer wieder angefordert werden oder erst nach und nach. Unterlagen, die ohne Rechtsgrundlage angefordert werden. Schnelle Einstellungen von Leistungen mit Verweis auf fehlende Mitwirkung, unbearbeitete Anträge, rechtswidrige Ablehnung von Leistungen bei EU-Bürger*innen etc.

Viele Menschen teilen die Erfahrung, dass sie ihre Rechtsansprüche gegen das Jobcenter durch kämpfen müssen. Die Anzahl der Menschen, die davon berichten oder die wir in unserer Beratung begleiten, macht deutlich, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt, sondern dass es um eine generelle Herangehensweise geht: Wir sprechen deshalb von einer Verweigerungshaltung oder Ablehnungspraxis beim Jobcenter Bremen. Es scheint, als ob das Jobcenter Bremen Antragsteller*innen generell erst einmal unterstellt, sie hätten keinen Anspruch auf Leistungen, würden betrügen oder hätten eigentlich ausreichend Geld – obwohl die Quote von sogenanntem Sozialleistungsbetrug bekanntermaßen verschwindend gering ist.

In unserer dreijährigen Beratungspraxis gibt es nicht eine Person, bei der der Antrag auf Leistungen beim Jobcenter am Ende von monatelangen Verfahren abgelehnt wurde, weil die Person zu viel Einkommen oder Vermögen hat. Fast immer hätte das Jobcenter schon zu Beginn vorläufig bewilligen können und hätte damit drohende Wohnungslosigkeit, fehlendes Essen, fehlende Übernahme der Kosten für Mittagsessen der Kinder in der Schule etc verhindert. Häufig konnten wir den Rechtsanspruch nur mithilfe eines Eilantrags beim Sozialgericht durchsetzen. 

Unsere Forderungen gegenüber dem Jobcenter waren deshalb klar und einfach. Wir wollen eine Bewilligungspraxis. Das bedeutet konkret: Bewilligung von Leistungen innerhalb von maximal drei Wochen – falls nötig unter Anwendung des § 41a SGB II. Dieser Paragraph gibt den Jobcentern die Möglichkeit, Anträge vorläufig zu bewilligen, auch wenn noch nicht alle Unterlagen vorliegen, nämlich dann, wenn absehbar ist, dass ein Leistungsanspruch besteht. Das bedeutet: das Jobcenter Bremen kann Antragsverfahren extrem verkürzen. Und damit das passiert, fordern wir eine Dienstanweisung an und Schulung aller Mitarbeiter*innen beim Jobcenter Bremen. Das bezieht sich auch auf die Prüfung aller Rechtsansprüche bei EU-Bürger*innen, damit es nicht mehr zu rechtswidrigen Ablehnungen kommt. 

Um über unsere Forderungen zu sprechen, haben wir auf unserer Kundgebung ein Gespräch mit der Leitung des Jobcenter gefordert.

Und wie ging es weiter?

Das Gespräch mit der Leitung des Jobcenter wurde auf mehreren Vollversammlungen von den Mitgliedern vorbereitet. Insgesamt waren wir ca. 32 Mitglieder vor Ort und wie immer gab es eine simultan Übersetzung, damit alle dem Gespräch folgen können. 

Allein die Tatsache, dass mehrere Mitglieder der Stadtteilgewerkschaft bei dem Gespräch dabei waren und nicht nur ein paar wenige Berater*innen, empfanden die Mitarbeiter*innen des Jobcenter bereits als Affront oder zumindest als störend. Sie ließen keinen Zweifel daran, dass wir sie aus ihrer Sicht nicht angemessen empfangen haben. 

Wir haben zu Beginn des Gesprächs nochmal die Probleme und unsere Forderungen benannt und klar gemacht, dass wir spürbare Verbesserungen brauchen und konkrete Maßnahmen fordern, wie die Leitung sicher stellt, dass die geschilderten Probleme beseitigt werden. Auch wenn die Mitarbeiter*innen des Jobcenter einzelne der genannten Probleme im Gespräch einräumten, wiesen sie die wesentlichen Forderungen zurück. Konkrete Maßnahmen zur Lösung? Fehlanzeige. Vielmehr hieß es: Die geschilderten Probleme seien Einzelfälle oder bereits in den letzten Jahren beseitigt worden, die meisten Menschen in Bremen hätten einen guten und problemlosen Zugang zum Jobcenter und den Leistungen. Diskriminierung oder schlechte Behandlung von Mitarbeiter*innen gäbe es nicht und Paragraph § 41a werde bereits ausreichend angewendet. An einzelnen Verbesserungen arbeite man, aber insgesamt gebe es keinen Anlass für weitere konkrete Maßnahmen.

Entsprechend verlief das Gespräch. Als Stadtteilgewerkschaft haben wir klar gemacht, dass uns die schwammigen Aussagen nicht ausreichen, sondern wir konkrete Maßnahmen fordern und spürbare Verbesserungen brauchen. Dass die Erfahrungen von Hunderten von Menschen von den Vertreter*innen des Jobcenter als Einzelfälle abgetan wurden, hat viele Mitglieder wütend gemacht. 

Das Gespräch hat gezeigt, was wir bereits erwartet hatten: die Leitung des Jobcenters Bremen ist von sich aus nicht bereit, ihre Handlungsspielräume zu nutzen, um die Situation der Betroffenen zu verbessern und viele Familien vor gefährlichen Notlagen zu bewahren. Das Gespräch hat uns deshalb gleichzeitig bestärkt: es hat gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir werden es als Anlass nehmen, uns mit mehr und mehr Betroffenen zu organisieren und eine Bewegung in Bremen zu schaffen, die in der Lage ist politischen Druck aufzubauen und konkrete Verbesserungen zu erkämpfen.

People, Power, Solidarität !

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