Aus den Angaben des Bremer Gesundheitsressorts am 07.11.2020 wurde deutlich, dass die Stadtteile Tenever und Gröpelingen zur Zeit am stärksten von Infektionen durch Covid-19 betroffen sind. Der CDU-Politiker Heiko Strohmann begründet dies mit der „Kultur“ der Menschen, die in diesen Stadtteilen leben. Ein kaum versteckter Rassismus. Die Einteilung in „richtiges“ und „falsches“ Verhalten (oder eben „gute“ und „schlechte“ Kulturen) wird häufig als Begründung von Problemen benannt. So muss über die sozialen und materiellen Unterschiede in der Gesellschaft nicht gesprochen werden.
Selbst das Gesundheitsressort der Stadt Bremen hat aber nun den Zusammenhang zwischen materiellen Bedingungen und Gesundheit benannt: „Gesundheit ist schon immer eng mit der sozialen Frage verbunden. Covid-19 stellt hier keine Ausnahme dar.“
Was aber auch vom Gesundheitsressort nicht erklärt wird sind die Ursachen dieser sozialen Frage: In Gröpelingen leben viele Menschen unter prekären Lebensbedingungen, häufig in beengten Wohnverhältnissen. Viele Menschen arbeiten in Leiharbeitsfirmen und anderen ungesicherten Arbeitsverhältnissen. Der Rückzug ins „Homeoffice“ ist bei den meisten dieser Arbeitsgelegenheiten nicht möglich. Viele sind auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen, die ebenfalls eine Ansteckungsquelle sind. Die alltägliche psychische Belastung, die diese Lebensumstände mit sich bringen, wirkt sich ebenfalls auf die Gesundheit der Menschen aus und kann so zum Beispiel das Immunsystem schwächen.
Dass diese Faktoren in bestimmten Stadtteilen (wie Gröpelingen) gehäuft vorkommen ist kein Zufall, sondern eine Folge der kapitalistischen Logik. Durch die Verwertung von Wohnraum als gewinnbringender Ware werden Menschen mit verschiedenen Einkommen in verschiedene Stadtteile „sortiert“. Wer in prekären Arbeitsverhältnissen steckt oder Sozialleistungen bezieht kann sich eine Wohnung in Schwachhausen oder dem Viertel meistens nicht leisten.
Die Stadt Bremen profitiert wirtschaftlich enorm von den vielen Leiharbeitsfirmen, in denen viele Menschen aus Gröpelingen in unsicheren Arbeitsverhältnissen angestellt sind. Große Firmen bedienen sich gerne der günstigen Arbeitskräfte und liefern der Stadt Einnahmen.
Gerade mit Blick auf die jetzigen wirtschaftlichen Einbrüche durch die Corona-Krise wird sich an dieser Situation von Seiten der Politik nichts ändern, im Gegenteil. Es ist daher an uns allen, dass wir uns gemeinsam organisieren, um gegen die miesen und gefährlichen Lebensumstände zu kämpfen. Um dem System der Profitlogik ein solidarisches Miteinander entgegenzusetzen, in dem die Bedürfnisse der Menschen, nicht die der Wirtschaft, das zu erstreitende Ziel sind.