Wir haben am Samstag, den 20.06. zusammen mit vielen anderen Gruppen aus Bremen eine Gedenkkundgebung für Mohamed Idrissi organisiert, der am Donnerstag, den 18.06.2020 von der Polizei in Gröpelingen erschossen wurde. Über 250 Menschen haben an der Kundgebung teilgenommen und ihre Trauer und Anteilnahme ausgedrückt und Gerechtigkeit für Mohamed Idrissi gefordert.
Wir haben mit vielen Nachbar*innen und anderen Leuten aus Gröpelingen gesprochen. Fast alle sind entsetzt über das was passiert ist. Viele Leute in Gröpelingen haben Mohamed Idrissi gekannt. Er hat hier seit langem gelebt. Kinder haben uns erzählt, dass er immer mit ihnen gesprochen und Bonbons verteilt hätte. Auch die Nachbarn schildern ihn als freundliche Person. Mit seinen Krisen und Problemen hat er versucht, alleine umzugehen. Auf seine eigene Art und Weise.
Viele Nachbarn und auch viele Kinder haben den tödlichen Polizeieinsatz persönlich miterlebt. Sie haben uns erzählt, dass sie versucht haben mit den Polizist*innen zu sprechen, dass diese sie mit Mohamed sprechen lassen um ihn zu beruhigen. Aber sie wurden weder ernst genommen noch gehört oder gut behandelt. Auch nach dem die tödlichen Schüsse gefallen waren.
Inzwischen haben sich auch Familienangehörige von Herrn Idrissi zu Wort gemeldet und einen Twitter, Facebook und Instagram Account unter dem Hashtag #justiceformohamed eingerichtet sowie ein Bündnis gegründet.
Der Tod von Mohamed Idrissi wirft viele Fragen auf. Wir können nicht einfach so machen als wäre nichts passiert.
Wir fragen uns:
Warum sollte der Mann gegen seinen Willen in Begleitung von Polizei zu einer Untersuchung gebracht werden? Warum gehen bewaffnete Polizist*innen zu einer Person, die bekanntermaßen an starken Ängsten leidet? Warum wurde der Einsatz nicht abgebrochen als klar wurde dass die Situation eskalierte?
In den Medien wird immer davon gesprochen, der Mann sei „psychisch krank“ gewesen und habe ein Messer gehabt, als sei dies die Erklärung für seinen Tod und die Rechtfertigung für die Tötung.
Wir sagen:
Was ist das für ein krankes System, in dem Menschen in solche schwierigen Lebenslagen gedrängt werden? In dem eine Firma einer Person ihr Zuhause aufkündigen kann? In dem ein Mensch mit psychischen Problemen soweit in die Enge getrieben wird, dass er sich vier bewaffnete Personen gegenüber sieht.
Und wir fragen uns weiter:
Wäre die Situation genauso verlaufen, wenn es sich um Schwachhausen oder Oberneuland gehandelt hätte? Wenn Mohamed weiß gewesen wäre? Wenn er reich gewesen wäre?
Wir alle wissen, wäre Mohamed weiß, reich und psychisch stabiler gewesen, wäre er noch am leben.
Viele Leute in Gröpelingen haben eigene Erfahrungen mit Rassismus, Polizeigewalt, schwierigen Lebenslagen und finanziellen Sorgen. Fast alle versuchen damit alleine klarzukommen, mal besser mal schlechter. Aber so wird sich nie etwas ändern. Die tödlichen Schüsse sollten uns wachrütteln. Wir müssen endlich anfangen, uns in unseren Stadtteilen zusammen zu tun und gemeinsam zu organisieren, damit wir uns wehren und gleichzeitig unsere Probleme kollektiv lösen können. So wie es die Bewohner*innen in vielen Stadtvierteln der USA nach der Ermordung von George Floyd gemacht haben.
#Gerechtigkeit für Mohamed Idrissi